>> Handgedacht ____________________
Benno Simma | Der intelligente Griff des Hans Peter Zangerl
Die Gefahr ist groß, daß die Kenntnisse des Begreifbaren und des mit der Hand Erdachten aus dem Blickfeld der Kommunikation verdrängt werden. Ist das von den Händen ausgehende Denken und Tun aufgrund der fortschreitenden Industrialisierung im Laufe des vorigen Jahrhunderts bereits verkümmert, oder gar vollständig erloschen?
Die industrielle Produktionweise mithilfe von automatischen Maschinen drängt das Wirken mit der Hand wohl zeitweise in den Hintergrund und das automatische Fließband und die Serienproduktion stellen die nur händisch produzierende Arbeitsweise in den Schatten; es ist aber ein Pyrrhussieg der Industrie, denn gerade für die Organisation von konkreten Arbeitsabläufen in der Produktion ist das Wissen und die Erfahrung um das händische – mit Werzeugen unterstützte Verarbeiten von Werkstoffen und Materialien, das Herstellen von nützlichen, vernünftig gestalteten Dingen mehr als gefragt: Am Anfang jeder industriellen Serienproduktion und jeder maschinellen Entwicklung steht also ein Denken mit der Hand, steht die Fähigkeit, Prozesse und Werdungsabläufe von Objekten aus der Erfahrung des händischen Tuns zu kennen, zu erfahren und zu planen. Nur auf diese Weise kann ein Industrieprozess sinnvoll und Gewinn bringend geplant werden.
Für Konzept und Konstruktion von Prototypen der Industrie braucht es also nach wie vor Menschen mit händischer Intelligenz, von Vernunft und der Hand geleitete Planer. Das ursprünglich nur handwerkliche Tun des Menschen mutiert in neue Tätigkeiten und Berufsbilder, die aus den ursprünglich mittelalterlichen Denkmodellen der Zünfte ausbrechen und neue Wege erforschen. Hans Peter Zangerl hat das getan. Die Figur des analog denkenden Menschen, des zeichnenden und planenden Gestalters, des Handwerkers, der Architekt und Ingenieur zugleich ist, ist damit entstanden. Das Wirken und Denken mit der Hand hat sich also lediglich neu definiert und spielt nach wie vor in der zeitgenössischen Gesellschaft eine dominante Rolle.
Teufelszinken | Japanische Holzverbindung
Industrialisierung und Digitalisierung besetzen dominant unsere Lebenswelt. Das Handwerk – als kreisförmiger Prozess einer realisierten Metamorphose des Materials in eine Form – scheint zu verkümmern. Tatsächlich gibt es aber keine industrielle Fertigung ohne Menschen mit händischer Intelligenz und keine Digitalisierung ohne ein vorausgehendes Denken.
Aus der Tradition des Tischlerhandwerks kommend, stellt Hans Peter Zangerl Gebrauchsmöbel und Objekte vollständig aus unbehandeltem Massivholz und ohne den Gebrauch von Schrauben oder Nägeln her; Stabilität und Form ergeben sich allein aus dem Zusammenwirken des Materials, etwa durch Holzverbindungen und -verzahnungen.
Sou Fujimotos bewohnbare Holzspirale ohne Zimmer und Möbel in den Wäldern von Kumamoto
Die tiefe empirisch wie rational erfahrene – Kenntnis von Werkstoffen und deren Verarbeitung durch geeignete Werkzeuge stellt ein unentbehrliches Rüstzeug für die Entwicklung der zeitgemäßen Denkens mit der Hand dar. Hans Peter Zangerl kennt die starke Beziehung der japanischen Kultur zum Wesen der Hand und ihrer Verbindung zur meditativen Erfahrung des Geistes über den Körper. Besondere Holzverbindungen (Zinken, Einschnitte) und –bearbeitungen (Sägen und Bohren) werden mit den traditionellen, aus der Kultur des Holzes im Alpenraum übernommenen Verarbeitungen verbunden und neu entwickelt.